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[FAZ] Eine Insel mit zwei Namen

....................................................... Eintrag: 16.10.2012
 
Eine Insel mit zwei Namen

 

05.10.2012 ·

 

Nur ein koreanisches Fischerpaar lebt auf der Felseninsel Dokdo. Gesellschaft leisten den beiden Alten 45 schwerbewaffnete Polizisten. Sie sollen verhindern, dass Japan mit seinen Ansprüchen auf die Insel Ernst macht.

 

Von Carsten Germis
 
 
© Carsten Germis Beliebtes Ausflugsziel: Täglich kommen rund 300 Südkoreaner auf diese Insel, um nationales Selbstbewusstsein zu demonstrieren.
 

„Historisch ist doch alles ganz eindeutig.“ Kim Sung-do sitzt auf der Hafenmauer und plaudert mit jungen Polizisten, die hier stationiert sind. „Dokdo gehört zu Korea“, sagt der 73 Jahre alte Fischer. Die Polizisten nicken. Kim und seine zwei Jahre jüngere Frau leben schon seit vielen Jahren auf der Westinsel von Dokdo. Sie sind die einzigen zivilen Bewohner der unwirtlichen Felsen im Meer zwischen Korea und Japan. 150 Meter entfernt und durch zehn Meter tiefes Wasser getrennt, liegt die Ostinsel. Dort sind 45 schwerbewaffnete Polizisten stationiert, um Koreas Anspruch auf die Inseln zu sichern. Alle zwei Monate werden sie abgelöst.

 

„Beide Inseln haben koreanische Postanschriften“, sagt Polizeichef Lee Kwang Sub, der vor knapp zwei Wochen nach Dokdo gekommen ist. Dokdo nennen die Koreaner die Felseninseln, Takeshima heißen sie bei den Japanern. Als Südkoreas Präsident Lee Myun-bak als erster Staatschef des Landes im August mit einem Hubschrauber auf der Insel landete, entflammte der jahrzehntelange Streit zwischen Tokio und Seoul aufs Neue. Tokio wertet die Anwesenheit der koreanischen Polizei als Besetzung.
 
„Unsinn“, sagt Kim und lächelt verschmitzt. „Das ist mein Zuhause, und mein Zuhause ist in Korea.“ Im Winter allerdings wird es auf Dokdo auch den Kims zu kalt.
 
Sie haben noch ein Haus auf Ulleungdo, einer Insel, die 87 Kilometer von Dokdo entfernt ist. Dorthin gehen sie, wenn es ihnen auf Dokdo zu stürmisch wird. Er habe schon oft überlegt, wieder ganz dorthin zu ziehen, sagt Kim. „Aber hier gibt es mehr Fische.“ Wegen der reichen Fischgründe sei er schließlich vor mehr als 20 Jahren nach Dokdo gezogen. Die umgerechnet tausend Dollar, die das Ehepaar monatlich vom Staat erhält, dürften seinen Entschluss leichter gemacht haben.
 

Das Japanische Meer zwischen Korea und Japan

 

Seoul gibt sich im Konflikt um die Inseln unnachgiebig. Das hat die Regierung in Tokio überrascht. Niemandem war offenbar klar, wie sehr auch in diesem Streit die Erfahrungen der Koreaner mit der brutalen Kolonialherrschaft der Japaner weiterwirken. Schon 1905 geriet die Koreanische Halbinsel unter japanischen Einfluss, kurz darauf wurde Korea Kolonie, und erst 1945, nach der Niederlage Japans im Zweiten Weltkrieg, wurde es befreit. „Es ist, als würden sie uns wieder besetzen wollen“, sagt ein Tourist. „Dokdo ist ein Symbol für die koreanische Souveränität.“
 
Tag für Tag kommen 300 Besucher mit der Fähre von Ulleungo. Am Pier werden sie von den Polizisten begrüßt und verabschiedet. Die Polizisten passen aber auch auf, dass niemand das Hafengelände verlässt. Zwanzig Minuten haben die Touristen, dann geht es wieder zurück. „Einmal im Leben muss man Dokdo gesehen haben“, sagt Kim Mi-na, die gemeinsam mit ihrem Mann aus Seoul den 400 Kilometer langen Weg mit Bahn und Schiff auf sich genommen hat. Sie verstehe die Japaner nicht, meint die junge Frau. „Sehen Sie sich doch um, hier ist Korea.“ Viele der Kurzbesucher schwenken südkoreanische Fähnchen. Gruppenbilder werden gemacht.
 
Er wolle mit seinem Besuch auch zeigen, dass Dokdo koreanisches Territorium sei, sagt Frau Kims Mann. „Und einmal wollte ich die Inseln selbst sehen, die ich sonst nur von Bildern kenne.“

„Erstes Opfer der japanischen Besetzung“

Japan will den Inselstreit vor den Internationalen Gerichtshof in Den Haag bringen. Seoul lehnt das ab. Schließlich gebe es keine territorialen Fragen, sagt Chang Dong-hee. Er ist „Botschafter für geographische Benennung“ bei der Stiftung für Nordostasiatische Geschichte in Seoul. Die staatliche Stiftung hat in der Hauptstadt Mitte September ein Dokdo-Museum eröffnet. Täglich kommen rund 400 Besucher.
 

Nationale Pflichten: Fähnchenschwenken und Flaggentragen auf Dokdo

Japan beruft sich bei seinen Gebietsansprüchen darauf, dass es die Inseln 1905 als „Terra nullius“, also als unbewohntes Land, in Besitz genommen habe. Unsinn, sagt Chang, und zeigt die im Museum ausgestellten Dokumente. Schon 1900 gab es eine Kaiserliche Order Koreas, in der von „Seokdo“ - also Felseninsel - die Rede ist. Seit Jahrhunderten sei die Insel koreanisch, erklärt er und zeigt auf die vielen Dokumente im Museum. „Dokdo ist das erste Opfer der japanischen Besetzung Koreas gewesen“, sagt Cheng. „Zehn Wahrheiten über Dokdo, die in Japan nicht bekannt sind“ lautet der Titel einer Broschüre, in der die südkoreanische Regierung ihre Rechtsposition erläutert und mit der sie international um Zustimmung werben will. Das Gegenstück aus Japan, „10 Punkte zu Takeshima“, nennt Gründe, warum die Inseln in Wahrheit japanisch seien.

Streit an drei Fronten

Seit dem Besuch Präsident Lees im August schlagen in den japanischen Medien die Wellen hoch: „Takeshima gehört zu Japan.“ Ministerpräsident Yoshihiko Noda bekräftigt in Tokio, es gebe keine Zweifel, dass die Inseln historisch von Japan kontrolliert würden. Er werde die Territorialstreitigkeiten „mit Entschlossenheit“ lösen.
 
Tatsächlich kämpft Japan derzeit an drei Fronten. Und immer geht es dabei um mehr als um historisch begründete Gebietsansprüche. Es geht um Rohstoffe und um das Recht, diese in Zukunft ausbeuten zu können. Bei allen drei Inselgruppen, um die Japan streitet, werden große Gasvorkommen unter dem Meeresboden vermutet.
 
Mit Russland streitet sich Tokio um die südlichen Kurilen, mit Korea streitet es sich um Dokdo/Takeshima und mit China und Taiwan um die Senkaku-Inseln im Ostchinesischen Meer. Diese Inseln werden von Japan kontrolliert. Sie seien japanisches Territorium und deswegen gebe es keinen Territorialkonflikt, sagt Noda. Aus diesem Grund will Tokio in diesem Fall den Internationalen Gerichtshof auch nicht anrufen. Es ist so, als habe Noda im Falle von Senkaku seine Begründung wörtlich bei der Regierung in Seoul abgeschrieben.

Freiwillige für Dokdo

Kim Yong-hwan ist Völkerrechtler bei der Stiftung für Nordostasiatische Geschichte und hat für die japanische Position nur Spott übrig: „Wenn ich es mache, ist es Liebe; wenn ihr es macht, ist es Ehebruch.“ So sähen die Japaner im Streit um die Inseln die Welt. Nach dem Besuch des Präsidenten Lee fürchteten Regierungsmitarbeiter in Seoul, nationalistische Gruppen aus Japan könnten versuchen, Dokdo zu stürmen.
 
Zwar patrouilliert das Küstenwachboot „Pazifik 7“ bei den Inseln, doch im Schutze der Nacht könnten Extremisten es dennoch schaffen. Und Fischer Kim berichtet davon, dass japanische Fischer immer mal wieder versuchten, in den Gewässern vor Dokdo zu fischen, „vor allem wenn die Preise für Fisch und Tintenfisch gut sind“.
 

Wachen über 24 Stunden, vielfach freiwillig: Südkoreanische Polizisten auf Dokdo

Der Kommandant des Polizeistützpunkts auf Dokdo, Lee Kwang-sub, ist sich sicher, dass japanische Extremisten keine Chance hätten, auf Dokdo zu landen. Es gibt nur einen geschützten Hafen, und auch der ist nicht leicht anzusteuern. „Wir werden die Inseln verteidigen“, sagt Lee, zögert ein bisschen und fügt dann hinzu, „notfalls mit unserem Leben.“ Was immer die Japaner auch sagten, Dokdo gehöre zu Korea. Und Korea zeigt sichtbar seinen Anspruch auf den Felseninseln. Auf einem Vorsprung stehen mit unbewegter Miene zwei junge Polizisten, Sturmgewehre in der Hand. Über ihnen weht die Flagge des Landes. 24 Stunden halten sie hier Wache.
 
Insgesamt 45 Polizisten sind auf Dokdo stationiert. Die meisten von ihnen sind junge Wehrpflichtige, die ihren Dienst bei der Polizei ableisten. Lee Tae-il ist einer von ihnen. „Na ja, es ist nicht so lebendig wie zu Hause hier“, sagt er lachend. Lee ist nicht freiwillig auf der Insel, doch schon bei der nächsten Gruppe, die Dokdo schützen soll, wird das anders sein. Seit der Konflikt zwischen Tokio und Seoul sich verschärft hat, melden sich bei den Wehrämtern genügend Freiwillige, die unbedingt nach Dokdo wollen, um die Inseln zu schützen.

Proben für den Ernstfall

Historisch ist doch alles klar“, sagt auch Lee Tae-il auf die Frage, wie er Japans Gebietsansprüche einschätze. „Dokdo gehört zu Korea.“ Unmittelbar vor dem Polizeigebäude steht diese Botschaft in Fels gemeißelt. Deswegen sei es sinnvoll, dass er hier sei. Außerdem haben die jungen Polizisten genügend Freizeit. „Ich kann mich hier selbst entwickeln“, sagt der junge Mann, der in wenigen Stunden seine Kollegen auf dem Wachtposten ablösen wird. Erhöhte Alarmbereitschaft gibt es nicht.
 
„Alles ist wie immer“, erklärt der Kommandant. Routinemäßige Kontrollgänge bei Tag und Nacht, Abstimmung mit der Küstenwache, die vor den Inseln kreuzt.
 
Doch der Ernstfall wird geprobt. Stolz zeigt der Chef Fotos dieser Übungen. Da liegen Polizisten mit schussbereiten Gewehren am Hafen, bereit, jeden Eindringling in die Flucht zu schlagen. Oder sie wehren mit Schutzschilden ungewollte Besucher ab. Die sind bislang aber auch noch nicht gekommen. „Japaner wurden als Touristen hier noch nicht gesichtet“, sagt Lee.
 

Territoriale Ansprüche wahren: Wachmannschaft auf Dokdo

1959 allerdings versuchten 30 japanische Nationalisten, Dokdo zu stürmen. Das war die bislang letzte Schießerei, die es um die Inseln gegeben hat. Danach sind in der Inselchronik nur noch japanische Fischerboote verzeichnet, die in die Hoheitsgewässer um Dokdo eingedrungen sind. Japanische Fischer kommen den Inseln heute allerdings nur noch selten nahe. Aber Japans Küstenwache lässt sich gern vor Dokdo blicken.

Keine Berichte über eigene Provokationen

Während in japanischen Medien groß über chinesische Patrouillenboote berichtet wird, die sich den zwischen Japan und China umstrittenen Senkaku-Inseln im Ostchinesischen Meer nähern, und die Regierung in Peking protestiert, finden die eigenen Provokationen kaum Widerhall. Jung Myung-ho, Kapitän des Küstenwachschiffs „Pazifik 7“, berichtet, Schiffe der japanischen Küstenwache kämen alle zwei bis drei Tage. „Wir begleiten sie dann, damit sie nicht in unsere Hoheitsgewässer kommen.“ Die Vorschriften aus Seoul sind eindeutig: Zuerst muss die Küstenwache versuchen, die Eindringlinge anzusprechen, und sie dazu bewegen, abzudrehen. Erst wenn das keinen Erfolg habe, dürfe Gewalt angewendet werden. „Das ist aber noch nicht passiert“, sagt der Kapitän.
 
Ganz anders in Senkaku. Dort drangen chinesische Schiffe im September mehrfach in japanische Hoheitsgewässer ein, um zu provozieren. Die Küstenwache beschränkte sich auf die Aufforderung an die Chinesen, freiwillig den Rückzug anzutreten, was dann ein paar Stunden später auch geschah. Der Konflikt hat erst jetzt - fast gleichzeitig mit dem Streit mit Südkorea um Dokdo also - wieder an Dramatik gewonnen, weil die Regierung in Tokio die Inseln von den privaten Eigentümern gekauft, also quasi verstaatlicht hat.
 
Regierungschef Noda wollte so Schlimmeres verhindern. Denn hätte nicht die Zentralregierung die Inseln gekauft, wären sie an den Gouverneur der Hauptstadt Tokio, Shintara Ishihara, gegangen. Und Ishihara, ein bekennender japanischer Nationalist, hätte den Frieden mit Peking sicher noch stärker gestört. Noda ist aber erstaunt über die Empörung Chinas. Er wollte mit seinem Schritt Ruhe schaffen und den Status quo sichern. Anders als Dokdo sind die Senkaku-Inseln unbewohnt. Tokio meidet es, den eigenen Anspruch so sichtbar zur Schau zu stellen, wie Südkorea das auf Dokdo tut. Es ist auch Japanern bis heute nur mit Sondergenehmigung erlaubt, in Senkaku an Land zu gehen.

Völkerrecht stärkt Ansprüche Südkoreas

Bei allen historischen Argumenten, die Taiwan und China für ihre Position anführen, die Entwicklung des Völkerrechts stärkt die japanische Position bei Senkaku.
 
Entscheidend sind die Besitzverhältnisse nach 1945, als das völkerrechtliche Gewaltverbot geschaffen wurde. Doch was bei Senkaku die japanischen Ansprüche schützt, das stützt im Falle Dokdos die Position Südkoreas. Japan ist heute das einzige demokratische Industrieland, das mit allen Nachbarn Territorialkonflikte austrägt.
 
Dass Japans Streit mit Südkorea und China so heftig geführt wird, hat viel mit der gemeinsamen Geschichte zu tun. Anders als Deutschland hat sich Japan, das Korea brutal ausbeutete und Anfang der dreißiger Jahre in China einmarschierte, den dunklen Seiten seiner Geschichte bis heute nicht gestellt. Die bis heute in Japan verbreitete Lesart, das Land habe sich im Zweiten Weltkrieg dem westlichen Imperialismus entgegengestellt und sei sogar als Verteidiger Asiens zu sehen, empfinden die Völker, die unter der brutalen Herrschaft der Japaner gelitten haben, als Hohn.
 
„Warum können sie sich nicht entschuldigen?“, fragt der Völkerrechtler Kim Yong-wan. Für ihn wie für die Hunderte Koreaner, die Tag für Tag die Insel besuchen, ist Dokdo zum Sinnbild für die staatliche Souveränität Koreas geworden, die das Land erst nach der japanischen Niederlage im August 1945 wiedergewonnen hat. „Das sollten sie in Tokio einfach verstehen“, sagt Kim.
 
 

 
 
 
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